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Slamming the Slam
Im Dezember 2013 haben wir einen Fake-Wissenschaftler in eine Greenwashing PR-Veranstaltung von Shell geschmuggelt. Doch statt der versprochenen Wundermaschine endete der Abend in einer Ölkatastrophe.
Slam Shell war anfangs als Witz gedacht. Durch Zufall erfuhren wir von der Möglichkeit, sich anzumelden bei einer offensichtlichen Greenwashing-Veranstaltung des weltgrößten Ölunternehmens, das jeder hasst. Es klang wie ein großer Spaß, ihre eigene Bühne zu nutzen, um sich über das Unternehmen lustig zu machen. Also trafen wir uns zu einem Brainstorm für eine Bewerbung. Erst nach einigen Wochen wurde uns klar, dass diese Aktion größer wird als wir gedacht hatten.
Es stellte sich heraus, dass der Bewerbungsprozess einfacher als erwartet war. Zwei unserer nerdigen Freunde mit einem Biologie- und Physikstudium brachten uns etwas über polymeres substratgebundenes Ethanolamin bei und wie wir die Mitarbeiter der Veranstaltung mit einer gefälschten Karbonfilteranlage für das Auto austricksen konnten. Als sie hörten, dass wir eine Gruppe Studierender seien, die ein Auto entwickelt, welches die Luft reinigt anstatt sie zu verschmutzen, waren sie sehr froh darüber uns einladen zu dürfen. Die Firma suchte verzweifelt nach Bestätigung, dass sie auch den abstrusesten Ideen Glauben schenkten. Genauer nachgefragt hat niemand.
Die zwei Wochen vor der Präsentation waren wir vollauf beschäftigt. Wir konstruierten eine Maschine, die einigermaßen überzeugend wie ein Luftreiniger aussehen musste. Um unsere eigenen Kameraleute einzuschleusen, gaben wir an, dass ein studentisches Videoteam unser Projekt dokumentarisch begleiten wolle. Bei jedem Anruf der PR-Agentur mussten wir uns zusammenreißen, ernst zu bleiben und nicht laut loszulachen. Während unserer Recherche zu Shell stellten wir fest, dass es bei ihnen nicht um eins von diesen Unternehmen geht, das schmutzige Geschäfte macht. Shell macht die schmutzigsten Geschäfte von allen.
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Schmutzige Geschäfte
2013 belief sich der Umsatz von Shell auf 451 Milliarden Dollar. Das Unternehmen greift stark in die Infrastruktur des Nigerdeltas ein, übernimmt aber keinerlei Verantwortung für den dadurch entstandenen Schaden. Ganze Landstriche sind verseucht vom Öl, die dortige Bevölkerung ist ihrer Lebensgrundlage beraubt. Kurz nachdem der Staat demokratisch wurde, fing das Unternehmen an, die nigerianische Regierung zu bestechen und zu unterwandern. Sie unterstützen paramilitärische Gruppierungen, um Siedlungen brutal zu verdrängen, wenn sie den Ölbohrungen im Weg waren. Die von Shell aus Profitgier entstandenen Umweltschäden im Nigerdelta zu bereinigen würde 50 Jahre dauern. Doch anstatt für ihre Taten Verantwortung zu übernehmen und Schäden in Nigeria und anderswo zu beseitigen, organisieren sie medienwirksame Wettbewerbe und erarbeiten kostspielige Werbekampagnen zu Nachhaltigkeit. Als nächstes wollen sie in der Arktis bohren.
Und das ist noch nicht alles. Wer organisiert eine Greenwashing-Kampagne für so ein Unternehmen? Burson-Marsteller, eine weltweit agierende PR-Agentur, die sich darauf spezialisiert hat, die Verantwortlichen der größten Menschrechtsverletzungen zu verschleiern. Die Agentur begleitete die PR der argentinischen Militärjunta, nachdem sie in den 1970er Jahren 70.000 Dissidenten ermordete. Außerdem besserten sie während der Diktatur von Nicolae Ceauşescu das Image von Rumänien auf, um den Tourismus zu stärken. Nachdem Indonesien in einer blutigen Auseinandersetzung in Ost-Timor einmaschierte, waren sie es, die aufräumten. 2000 Menschen starben in Bhopla, Indien, aufgrund einer Verunreinigung des Trinkwassers durch das amerikanische Chemieunternehmen Union Carbide. Die einzigen, die bislang bezahlt worden sind, ist das Unternehmen Burson-Marsteller. Die Opfer warten noch auf Kompensationszahlungen. Sie haben außerdem für Facebook, Blackwater, Nestle gearbeitet… die Liste ist lang.
Da waren wir also, auf der Bühne von zwei psychotischen Unternehmen, und bereiteten eine große Überraschung vor.