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Open Source Hoax
Im Mai 2014 gaben wir uns als Google Mitarbeiter aus und betraten die Bühne von Europas größter Tech-Konferenz, um neue gruselige Google-Erfindungen zu präsentieren.
Im Mai 2014 haben wir zwei falsche „Google-Mitarbeiter“, Gloria Spindle und Paul von Ribbeck, zur re:publica, Europas größter Internetmesse mit über 5000 Teilnehmern, geschickt. Kurz nachdem Google die Firma Nest Labs gekauft hatte und immer wieder die Frage aufkam, was Google nun damit machen wird, war es der perfekte Zeitpunkt für Gloria und Paul Google Nest zu präsentieren. Google Nest ist eine Suite aus mehreren Anwendungen, die den Internetnutzern nach all diesen verstörenden Nachrichten zum Thema Überwachung nun das Gefühl von Sicherheit und Vernetzung zurückgeben sollen.
Die vorgestellte Produktpallete reicht von Google Trust (einer Versicherung gegen Überwachung und Datenklau), Google Bee (persönliche livestreamende Dronen), Google Hug (einer App, die die emotionale Verfassung aufzeichnet und dann einen entsprechendes Gefühlspendant in der Nähe findet) bis hin zu Google Bye (ein Onlineprofil, das sich nach dem Ableben aktiviert). Alle Anwedungen sollten auf Nutzerwünschen basieren, die man durch die Auswertung von E-Mails und Schlagwörtern herausfinden sollte.
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Die Verbreitung
Die deutschen NGOs, Digitalcourage und Digitale Gesellschaft, sowie die drei Politiker, Jan Philipp Albrecht (Büdnis 90/Die Grünen), Julia Reda (Piratenpartei) und Halina Wawzyniak (Die Linke), unterstützten uns bei der Konstruktion der Falschmeldung, indem sie sich kurz vor dem Auftritt von Gloria und Paul kritisch gegenüber Google Nest in den Medien äußerten.
Die Twitterstrategie von Google Deutschland spielte uns zuerst netterweise in die Hände und machte aus dem Ganzen einen Riesen-Scherz. Als sie dann in einem Moment der Panik begriffen, dass „es ernst war“, so der Google-Sprecher Ralf Bremer, musste sie schnell abgeändert werden. Zur großen Belustigung der Twittersphere, erklärten sie öffentlich, dass Google Nest eine Satire sei. Während der Präsentation von Gloria und Paul tauchte Jan Josef Liefers, bekannter Tatort-Kommissar, im Publikum auf und bot sich an, freiwillig Google Hug zu testen. Nachdem seine emotionale Verfassung festgestellt worden ist und er mit einem gewissen Lawrence Pagemann aus dem Publikum gepaart wurde, erklärte er vor allen Zuhörern „ich fühle mich ausgenutzt“.
Am Ende der Präsentation, der Livestream war bereits abgeschaltet worden, luden wir das Publikum dazu ein, sich bei diesem Scherz zu beteiligen und den Hoax zu verbreiten. Wie war jedem selbst überlassen. Und das taten sie! Fünf Stunden lang war der Hashtag #googlenest einer der meistverwendeten und 35 000 Nutzer besuchten die Website am ersten Tag. Die Berichterstattung der deutschen Medien verbreitete sich in die USA, Indien, Australien und Südafrika. Natürlich schickte uns das Google Markenrecht Team einen höflichen aber „Fangt keinen Ärger mit uns an“-Brief, in dem wir dazu aufgefordert wurden, unsere schöne Google Nest Website als Parodie zu deklarieren und ihnen die Domain zu übertragen. Nachdem wir uns mit der Electronic Frontier Foundation beraten hatten und sie in unserem Namen eine entschiedene Antwort an Google schickten, haben wir die Website abgeschaltet.