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Mask.ID Teil II - Wir schicken unsere Pässe nach Libyen
In Libyen tobt gerade der Krieg. Die rechte Politik in Europa nimmt an Schwung auf, besetzt die Geheimdienste und Innenministerien. Währenddessen sterben immer mehr Menschen im Mittelmeer. Der Pass ist nicht nur ein Unterdrückungsinstrument nach Innen, es ist auch das zentrale Symbol für Ausgrenzung und Tod an unseren europäischen Außengrenzen.
Wir waren in Libyen und haben Menschen nach ihrer Lebensrealität gefragt. Wir haben uns entschieden, mit Künstler*innen zu kooperieren, die bereit sind, sich mit anderen Europäer*innen zu morphen und ihren Pass zu teilen. Es ist ein Spiel der Identitäten, es ist aber auch ein letzter verzweifelter Versuch, nicht mehr tatenlos zuzusehen. Wir schicken europäische Pässe an die Künstler*innen, in denen sie zur Hälfte selbst erkennbar sind und hoffen, dass sie damit in Europa einreisen können.
Während 2015 die Bilder sterbender Menschen an unseren Grenzen noch schockierten, scheint uns unsere Ohnmacht und rechte Propaganda abgestumpft zu haben. Die Regierungen kippen eine nach der anderen nach rechts. Wer wird bereit sein, die eigenen Privilegien abzugeben, um unsere Grundwerte und menschliche Empathiefähigkeit zu bewahren?
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Was ist bisher passiert?
Wir haben im ersten Teil unseres Stücks Mask.ID die Bundesdruckerei gehackt und einen Pass drucken lassen, in dem zwei Menschen identifizierbar sind: die EU-Kommissarin für Außen- und Sicherheitspolitik Federica Mogherini und ein Penguin aus unserem Team. Jetzt kann Frederica Mogherini und eins unserer Teammitglieder theoretisch mit dem selben Pass durch die Welt reisen.
Warum?
Unsere biometrischen Daten sind einzigartig. Sie dienen als Passwort, Login oder Reiseerlaubnis. Jeder Mensch, der einen Pass oder einen Ausweis beantragt, gibt Fingerabdrücke und Gesichtserkennungsdaten ab, die in die staatlichen Datenbanken einfließen. Dabei kann jede Datenbank gehackt werden – Fingerabdrücke und Irisscans sind jetzt schon beliebte Handelsware, die von Unternehmen gezogen werden. Wer Zugriff darauf hat, kann sie auch kopieren und z.B. an einem Tatort hinterlegen, um Unbeteiligte zu Verfolgten zu machen. Aber Mafiosis sind nicht unser größtes Problem.
Unsere eigene Behörden arbeiten mit Hochdruck daran, bisher bestehende Datenbanken zusammenfließen zu lassen. Wo bislang strenge Regeln galten, was mit unseren einzigartigen Merkmalen passieren darf, wird unter dem Vorwand der Kriminalitätsbekämpfung der Verwendungszweck geändert – und schwupps, können immer mehr Behörden darauf zugreifen. So werden die technologischen Möglichkeiten um uns zu überwachen und zu kontrollieren immer umfassender. Die Möglichkeiten, unliebsamen Kritiker*innen damit zu schaden, auch.
Es wird Zeit, dieser Entwicklung ein Ende zu setzen. Uns unserer Daten zu ermächtigen und unsere Identität selbst zu gestalten. Die Datenbanken mit Fehlinformationen zu fluten, uns der automatischen Erkennung zu entziehen, Administrator*innen dieser Datenbanken auf unsere Seite zu holen, und selbst über unsere Daten zu bestimmen.