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Intelexit hilft, beim Geheimdienst auszusteigen
Aus einer Idee wurde Wirklichkeit: Wir haben eine Initiative gegründet, die sich an Geheimdienstmitarbeiter*innen richtet und ihnen aus dem Dickicht der Spionage verhilft.
Edward Snowden hat im Jahr 2013 öffentlich gemacht, wie sehr Geheimdienste konstant ihre Macht missbrauchen und weltweit in die Rechte von Bürger*innen eingreifen. Als Reaktionen darauf gab es eine Menge Zeitungsartikel und ein paar Kampagnen, aber die Zivilbevölkerung wirkte im Allgemeinen etwas verloren. Wie berichtet man über dieses Thema, ohne die Menschen zu verwirren oder sie einfach nur zu verängstigen? Lasst uns nicht vergessen, dass es hier um Technologie geht und dass alles ganz und gar geheim ist.
Bis jetzt ließ sich das nur illustrieren mit Aufnahmen von Videoüberwachung, Zahlenkolonnen wie aus Matrix oder mit Edward Snowdens Gesicht – und ihn damit zu einem sterbenden Eisbär der Datenwelt stilisieren. Irgendwie unbefriedigend, dachten wir uns. Wir wollten eine neue Perspektive einbringen, eine positive Botschaft verkünden und den Diskurs der Angst durchbrechen. Wir wollten den Fokus auf Menschen setzten, nicht auf Daten oder Technologie. Hier setzt die Idee zu Intelexit an: eine Kampagne, die Mitarbeiter*innen der Geheimdienste ermutigt, ihre Jobs zu kündigen und ein neues Leben aufzubauen, wenn sie sich mit ihrer Rolle in Massenüberwachung und Drohnenkrieg unwohl fühlen.
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Ein einfacher Ausweg für Spion*inne
Wir haben alle unsere Beziehungen spielen lassen und mehr Geld ausgegeben als wir hatten, um uns sehr viel größer zu geben als wir eigentlich sind. In drei Ländern haben wir unsere Präsenz gezeigt und versucht, Spion*innen des GCHQ, der NSA und des BND mit riesigen, mobilen Plakaten und Flugblättern zu erreichen. Im Nachhinein haben wir erfahren, dass die Mitarbeiter*innen dazu angehalten wurden, nicht mit uns zu sprechen. Wir haben uns zudem mit einer der Personen angefreundet, den die NSA am wenigsten mag: dem ehemaligen Angestellten und Whistleblower Thomas Drake, der in unserem Werbevideo auftritt und verkündet, dass Intelexit ein sicherer Weg ist, auszusteigen. Für diejenigen Spion*innen, die von uns über interne Foren gehört hatten und neugierig genug waren, unsere Webseite zu besuchen, stellten wir überzeugende Argumente bereit, warum sie den Geheimdienst verlassen sollten und einen Generator, der Kündigungsschreiben erstellt.
In Berlin haben wir entscheidende Stimmen zu der Debatte angehört, warum gerade der Geheimdienst so gefährlich ist. Jérémie Zimmermann legte dar, wie Massenüberwachung die Meinungsfreiheit und demokratische Strukturen zerstört. Nighat Dad von der Digital Rights Foundation in Pakistan erläuterte, was es bedeutet, mit durch das US-Militär und der CIA betriebenen Drohnen zu leben, die zur Überwachung und zielgerichteten Tötung von mutmaßlichen Terroristen eingesetzt werden. Mitat Özdemir von der “Keupstraße ist überall”-Initiative aus Köln sprach über die rechtsextremen Terroranschläge auf die türkische Gemeinschaft in Deutschland und die Anschuldigungen darüber, dass der Verfassungsschutz diese unterstützt habe. Am Ende der Kampagnenwoche ist eine Drohne über den zentralen Knotenpunkt für Datenströme in Europa, den Dagger Complex des NSA, geflogen und hat dabei Intelexit Flyer über dem Betriebsgelände der dort arbeitenden 1.200 Angestellten abgeworfen. Wie der Spiegel berichtete, war die Seite intelexit.org für einige Stunden nach dem luftgestützten Merkblatt-Abwurf nicht mehr zu erreichen.
Ein vergleichbar fesselnder Moment fand statt, als Mitglieder des Verfassungschutzes dabei fotografiert wurden, wie sie die deutsche Verfassung niederreißen, die Aktivisten zuvor an die Mauer des Bundesamts für Verfassungsschutz in Köln plakatiert hatten.
Und es haben sich einige Menschen von den Geheimdiensten bei uns gemeldet – ein klares Zeichen dafür, dass es dort draußen Menschen gibt, die für diese Institutionen arbeiten und Hilfe brauchen. Nach vielen Anstrengungen, um Spion*innen zu erreichen und dem Aufbau eines Unterstützer*innen-Neztwerkes, das sich um diejenigen Geheimdienstler*innen kümmert, die aussteigen wollen, mussten wir bald feststellen, dass diese Aufgabe so viel Zeit erfordert, dass wir keinen Raum mehr für andere Peng!-Arbeit hatten. Deshalb haben wir im Sommer 2016 die aktive Arbeit des Vereins eingestellt und die Möglichkeiten der Kontaktaufnahme geschlossen. Die Idee von Intelexit wurde in unserem nächsten Projekt Call-A-Spy weitergeführt.
Intelexit wurde durch die Bewegungsstiftung gefördert. Tausend Dank!