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10.000 Euro Steuermittel für die Antifa
Sachsen braucht die Antifa und die Antifa braucht Geld. Deshalb haben wir 10.000 Euro aus staatlichen Mitteln an die Antifa weitergeleitet. Dafür haben wir zehn bedeutende Objekte des Antifaschismus erworben – und sie im Museum ausgestellt.
Sommer 2020: Das Chemnitzer Kunstfestival „Gegenwarten“ lädt uns ein, einen künstlerischen Beitrag beizusteuern 😉 Mit unserem Projektbudget von etwa 24.000 Euro, könnten wir machen, was wir wollen! Einzige Vorgabe: es sollte was mit Sachsen zu tun haben. Was würdet ihr mit so viel Geld in Sachsen machen? Klar: ab damit zur Antifa!
Aber weil öffentliche Fördergelder zweckgebunden sind, brauchten wir einen Trick, um das Geld zu verschieben. Ein Freund hatte eine super Idee: Wir kaufen den Antifa-Gruppen für je 1.000 Euro Objekte ihrer antifaschistischen Arbeit ab und stellen sie ins Museum! 🙃 So als Kunstausstellung. Damit haben wir das Geld formal korrekt weitergeleitet und können gleichzeitig über antifaschistische Arbeit aufklären und auch noch an den bürgerlichen Mythen kratzen.
Wir suchten wochenlang nach geeigneten Exponaten. Dabei konzentrierten wir uns auf einen bestimmten Bereich antifaschistischer Arbeit: den Kampf gegen Nazis und Rassismus. Uns war wichtig, die Vielfältigkeit zu zeigen und das mediale und politische Klischee von gewaltbereiten, schwarz vermummten Antifas als Stereotyp zu entlarven. Wir sprachen mit vielen Antifaschist*innen, recherchierten in Archiven wie dem Apabiz und wurden schnell fündig. Symbole medialer Debatten, die spannende Geschichten von erfolgreicher antifaschistischer Arbeit erzählten: der Bierkasten vom Ostritzer Friedensfest, eine Spraydose der „Sprayer-Oma“ Irmela Mensah-Schramm, das Smartphone, das die Hetzjagden in Chemnitz filmte und die Anklageschrift der NSU-Tribunale. Der Einkaufswagen aus der Connewitzer Silvesternacht, der Antifa-Anstecker von Martina Renner, das Banner der VVN-BdA, die YPJ-Flagge des UTA Frauenrat Dresdens.
Einige Exponate schafften es nicht in die finale Auswahl: ein Teddybär der Dresdner Gedenkaktion “Never Forget”, die Refugee Black Box aus Jena, ein Kissen einer Sitzblockade gegen einen Naziaufmarsch und der Augsburger Krawall-Reiseführer.
Bei der Auswahl war uns wichtig, verschiedene Strategien und Formate von Antifa-Arbeit zu thematisieren: von militanten Aktionen, über kontinuierliche Recherchearbeit bis hin zu sehr bürgerlichen „Demokratie-Formaten“. Neun von zehn Objekten erzählen auch von staatlichen Repressionen, politischen Kriminalisierungen und Strafverfahren.
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Antifa – Mythos und Wahrheit
Die Exponate waren gefunden, das Geld verschoben! Nun brauchten wir einen geeigneten Ausstellungsraum. Und welcher Ort in Chemnitz wäre dafür besser geeignet als die Kunstsammlungen im König-Albert-Museum am Theaterplatz? Das bürgerliche Herz der Stadt, gelegen neben Opernhaus, St. Petrikirche und dem Hotel Chemnitzer Hof. Zwischen alten Meistern der Romantik und kostbaren Werken der Klassischen Moderne sollten nun unsere Antifa-Exponate Platz finden. Die Antifa-Objekte aufgesockelt, unter Glasvitrinen und mit Spots ausgeleuchtet, sollen genau die Menschen mit dem Thema Antifaschismus konfrontieren, die sich normalerweise nicht im Kampf gegen Nazis und Rassismus engagieren. Titel der Ausstellung: Antifa – Mythos und Wahrheit.
Wir erklärten der Museumsdirektion unser Vorhaben: was wir machen wollen, wen wir damit erreichen wollten und wen wir damit provozieren wollten. Die Direktion zeigte sich offen und nach mehreren Gesprächen ließ sie sich auf unser Vorhaben ein. Wir konnten mit dem Aufbau beginnen. Leider ging die Kommunikation an irgendeinem Punkt schief: die Museumsdirektion bekam den Wandtext erst zu sehen als er bereits angebracht war und die Ausstellung eröffnet werden sollte. Im allerletzten Moment sollten zentrale Kritikpunkte an CDU, FDP und AfD entfernt werden, begründet durch das politische Neutralitätsgebot der Kunstsammlungen. Dieser Forderung wollten wir nicht nachkommen. Wir empfanden das als einen Eingriff in unsere künstlerische Freiheit. Aber wir haben auch eine politische und kuratorische Verantwortung gegenüber den Urheber:innen der Exponate – den engagierten Antifaschist:innen. Ein hitziges Treffen zwischen uns, der Museumsleitung und den Kurator:innen endete mit einem Rauswurf aus den Kunstsammlungen. Wir sollten uns einen neuen Ort für unsere Ausstellung suchen – einen Tag vor der Eröffnung!
Ratlos, traurig und wütend gingen wir damit schnell an die Öffentlichkeit. Die Nachricht vom Rauswurf verbreitete sich über die sozialen Medien und landete schnell bei der Stadt Chemnitz, die wiederum mit den Kunstsammlungen eine Einigung erzielte. Unsere Ausstellung durfte bleiben und ein angebrachtes Hinweisschild macht jetzt klar, dass es sich bei dem Wandtext um die peng!-Position und nicht um die der Kunstsammlungen handelte.
Die Ausstellung bleibt so wie sie ist.
— Stadt Chemnitz (@Stadt_Chemnitz) August 14, 2020
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Antifaschistische Auktion
Die Eröffnung kam richtig gut an in Chemnitz, die Schlange vor unserem Ausstellungsraum ging über zwei Etagen. Die Nazis waren allerdings nicht so glücklich. Die AfD sprach von „staatlich gefördertem Terrorismus“, der sächsische Fraktionsvorsitzende nannte die Ausstellung eine „Gewaltausstellung“ und Beatrix von Storch wärmte nochmal die Legende vom Kantholz als Tatwaffe auf (die wir übrigens in genau dieser Ausstellung widerlegten 🙈).
Währenddessen auf der blau-braunen Seite der Macht… #AntifaschistischeAuktion pic.twitter.com/XExv2taWz5
— Peng. (@Peng) August 21, 2020
Dass die Nazis sich über Antifaschismus aufregen – klar. Aber dass Ebay protestierte, hat uns dann schon überrascht. Unsere Online-Auktion lief seit Ausstellungseröffnung und hatte schon über 3.000 Euro eingebracht. Dann, Mittwochmorgen beim Kaffee, plötzlich löscht Ebay das Kantholz. Begründung: „Gewaltverherrlichung“. Wir dachten so, ok bestimmt ein Fehler, das werden sie einsehen und Auktion kommt zurück, aber stattdessen sperrte Ebay kurze Zeit später unser komplettes Konto und löschte alle Auktionen 😱
Hallo @eBayDE, die Auktionen von @peng gehören zu unserer Ausstellung GEGENWARTEN | PRESENCES – sind Teil der von Art. 5 GG gedeckten Kunstfreiheit – bitte stellt die Auktion wieder online.
Danke!— Kunstsammlungen Chemnitz (@Kunstsammlungen) August 20, 2020
Die Kunstsammlungen waren cool und stellten sich demonstrativ hinter unsere Auktion. Mehrere Medien berichteten, dass Ebay den Antifaschismus von ihrer Plattform löscht (während man dort easy Nazidevotionalien shoppen kann). Twitter lief heiß und eBay wurde bombardiert mit Presseanfragen, Anrufen und E-Mails. Nach mehrmaligen Anrufen und verstrickten sie sich in widersprüchlichen Aussagen. Im ersten Telefonat meinte der Mitarbeiter „Ah ja, die Anweisung kam aus den USA, das hat wahrscheinlich was mit dem Thema Antifa zu tun“ und wir so 😱. Im zweiten Telefonat wurde genau das wieder dementiert, stattdessen hieß es jetzt, es fehlten Angaben im Verkäuferprofil. Den wahren Grund der Sperrung kennen wir bis heute nicht. Jedenfalls wurde unser Account reaktiviert, aber alle Gebote waren weg. Am Freitag. Einen Tag vor der Versteigerung. Schnell haben wir alle Auktionen neu eingestellt, bis zum Abschluss der Versteigerung waren es nur noch 24 Stunden!
Dann am Samstag war es soweit. Mit der „Antifaschistischen Auktion“ in den Kunstsammlungen Chemnitz sollte diese turbulente Woche krönend abgeschlossen werden. Unter den geladenen Gästen: Paula Irmschler, Irmela Mensah-Schramm, Stephan Anpalagan, Bernd Langer, der VVN-BdA, das NSU Tribunal und der JuKo. In spannenden Podiumsdiskussionen diskutierten wir, wie viel Mythos und wie viel Wahrheit im medialen Bild der Antifa stecke. Die Auktionen endeten live auf der Bühne und brachten insgesamt über 6.700 Euro für das AJZ Chemnitz ein. Und besonders schön: neun der zehn Exponate gingen nach Sachsen!
Die Ausstellung läuft noch weiter, ihr könnt sie noch bis zum 25. Oktober 2020 in Chemnitz besichtigen. Und ihr könnt selbst noch daran teilnehmen. Denn: Die 11. Vitrine ist noch frei, darin ist Platz für dein Objekt antifaschistischer Arbeit! Hier findest du alle Infos zum Mitmachen.
Wenn unsere Aktionen magst und gern mehr davon sehen möchtest, dann kannst du uns ungemein helfen, indem du Dauerspender:in wirst 💝